Lebenswege sind selten geradlinig. Auch meiner ist es nicht, und das ist ganz wunderbar. Denn auf Umwegen sieht man mehr und erfährt so Manches über sich und darüber, was die Welt im Innersten zusammenhält.
Es sind schon ein paar Tage vergangen, seit ich hier in “meiner” Stadt im Spielzeugland auf die Welt gekommen bin. Ich war ein spät geborenes Kind, ein Nachzügler und die Kleine in einer ausgesprochen umtriebigen Familie. Mein Vater war Gestalter, Schriftsteller, Wissenschaftler, Geschichtenerzähler, Fantasiereisender, Lehrer, Lernender …
Meine Mama Organisationstalent, Stilexpertin, Gartengestalterin, Heilpflanzenkundige, begnadete Stickerin, Strickerin, Weberin, Schneiderin … und lebenslang Suchende. Meine große Schwester hat von den Beiden Vieles mit auf den Weg bekommen und auch mir wurde von allem etwas in die Wiege gelegt. Als Kind war ich immer und überall dabei, wo es etwas zum Zuhören und Ausprobieren gab. Das war meine allerbeste Schule.
Meine offizielle Berufsbezeichnung ist Museologin. Das habe ich vier Jahre lang in Leipzig studiert, nach einem Einser-Abitur und einer Drechslerlehre. Dass ich meinen schönen Beruf schon lange nicht mehr ausübe, ist den Ereignissen um 1989 geschuldet. Das war ein Schnitt. Ein sehr drastischer Schnitt durch ganz viele Lebensfäden, nicht nur durch meine.
Ein Ende ist ja bekanntlich immer auch ein Anfang. Unsere Familie hatte 1990 die Chance für einen ganz eigenen Weg bekommen und genutzt … Dass wir alles daraus Folgende gemeinsam erleben und dass ich wieder von meinen Eltern lernen durfte, war ein Geschenk.
Ich schaue voller Dankbarkeit zurück und mache mich wieder auf den Weg. Unterwegs sammle ich zauberhafte Augenblicke wie Glasmurmeln. Andere Leute malen Bilder oder schreiben Lieder, ich halte große Eindrücke in kleinen Figuren fest. Sie sind kostbar, weil sie kostbare Momente in sich tragen. Sie erzählen etwas von der Gabe, die Welt mit staunenden Kinderaugen zu betrachten und daraus eine Lebensart zu machen.
Ich bin eine Geschichtenerzählerin. Nicht mehr und nicht weniger. Und eine sehr glückliche noch dazu.
Wer weiß, vielleicht entdecken Sie in all den festgehaltenen Augenblicken Ihre eigene Geschichte oder auch eine Erinnerung an einen ganz persönlichen Glücksmoment. Dann habe ich alles richtig gemacht.
Herzlichst,
Ihre Kerstin Flade-Drechsel